Preissteigerungen bei Baumaterialien

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Preissteigerungen bei Baumaterialien

Aktuelle Hinweise für Architektinnen und Architekten

INHALT

Deutliche Preissteigerung bei Baumaterialien Aktuelle Hinweise für Architektinnen und Architekten 2

1. Aktuelle Lage 2

2. Auswirkungen für Architektinnen und Architekten 2

3. Auswirkungen für Bauunternehmen und Handwerker 2

4. Keine Rechtsberatung und Rechtsgestaltung durch Architektinnen und Architekten 3

5. Honorarrechtliche Auswirkung der Preissteigerungen 4

Impressum 4 Merkblatt Nr. 432

Stand: 09/2021 Preissteigerungen bei Baumaterialien Seite 2 von 5

Architektenkammer Baden-Württemberg

Deutliche Preissteigerung bei Baumaterialien Aktuelle Hinweise für Architektinnen und Architekten

Architektinnen und Architekten spüren es derzeit hautnah: Baumaterialien wie Stahl, Holz oder Dämmstoffe werden, sofern sie überhaupt zeitnah auf dem Markt verfügbar sind, deutlich teurer. Eine wesentliche Ursache ist das pandemiebedingte Herunterfahren der Produktionskapazitäten von welt-weit gehandelten Baustoffen und so eine Veröffentlichung der Bauwirtschaft Baden-Württemberg e.V.1 – das „nicht-synchrone Hochfahren der Kapazitäten entsprechend der Nachfrageentwicklung“. Die „Deutsche Handwerkszeitung“ meldet, dass Baustellen Stillstand drohe. In einem Artikel des „Handwerksblattes“ heißt es: Wer jetzt baue, müsse sich auf Preisgleitklauseln einstellen und mit Verzögerungen rechnen. Was folgt daraus? Die Architektenkammern aus Nordrhein-Westfalen und Ba-den-Württemberg haben sich mit den Auswirkungen für die Architektinnen und Architekten beschäftigt

1 https://bauwirtschaft-bw.de/

2 https://www.destatis.de, z.B. Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte - Statistisches Bundesamt (destatis.de)

3 https://www.dabonline.de/2017/03/30/steigende-baukosten-kostenbremse-kann-teuer-werden-bauherr-architekt-budget-vertrag/

1. Aktuelle Lage

Die Preise für Fichten- und Tannenschnittholz steigen seit einigen Monaten sehr stark an, wie sich auf DESTATIS, den Internetseiten des Statistischen Bundesamts2, sehr gut nachvollziehen lässt. Auch der Preis für gesägtes und gehobeltes Holz erhöhte sich stark, ebenso lassen sich hohe Steigerungen bei Bitumen aus Erdöl oder Betonstahl in Stäben warmgewalzt feststellen. Bei einem Blick auf die länger-fristige Preisentwicklung von global gehandelten Baustoffen (Stahl, erdölbasierte Produkte wie Bitumen oder Dämmstoffe) zeige sich eine hohe Volatilität, so die Bauwirtschaft Baden-Württemberg.

Die Corona-Pandemie ist doppelt für die Preissteigerung verantwortlich: Zum einen gab es im ersten Halbjahr einen Nachfrageeinbruch, weshalb die Produktionskapazitäten heruntergefahren wurden. Zum anderen sprang im dritten Quartal die Konjunktur in China kräftig an. Das Hochverfahren der Produktionskapazitäten konnte mit der chinesischen Nachfragesteigerung indes nicht mithalten, so die Bauwirtschafts-Analyse. China wurde zum Beispiel vom Stahlexporteur zum Stahlimporteur. Als weiteres Beispiel werden Holzprodukte genannt. Pandemiebedingt waren Sägewerke in den USA geschlossen. Dies führte dazu, dass die USA Schnittholz importiert. Hinzu traten großflächige Wald-brände, langfristige Lieferabkommen mit China und ein erhöhter Bedarf, mit Holz zu bauen.

2. Auswirkungen für Architektinnen und Architekten

Auch für Architektinnen und Architekten haben die Preissteigerungen Auswirkungen: Einerseits gehört die laufende Kostenkontrolle und entsprechende Beratung des Bauherrn zu den Nebenpflichten eines Architekten bzw. einer Architektin (BGH, Urteil v. 23.01.1997 - VII ZR 171/95). Andererseits ist bei Kostenermittlungen vom Kostenstand zum Zeitpunkt der Ermittlung auszugehen: Aus reinen marktbedingten Preissteigerungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für Fehler von Kostenermittlungen (Seifert/Fuchs, in: Fuchs/Berger/Seifert, § 4 HOAI Rn. 51)

Vertreten wird, dass sich für Materialpreissteigerungen die Verantwortung des Architekten darauf be-schränkt, den Bauherrn unverzüglich auf eine Überschreitung des Gesamtkostenrahmens hinzuweisen (Prause, DAB 2017, 36). In diesen Fällen ist eine eventuelle Kostenobergrenze für die Kosten-gruppe 300 und der Gesamtkostenrahmen entsprechend anzupassen. Wünscht der Auftraggeber stattdessen eine Umplanung, um Kosteneinsparungen zu erzielen, ist § 10 HOAI zu beachten (Prause, DAB 2017, 36; auch online: „Die Kostenbremse kann teuer werden“3).

3. Auswirkungen für Bauunternehmen und Handwerker

Bereits in der Vergangenheit änderten sich je nach Marktlage die Stahl- oder Kupferpreise innerhalb der Bauzeit zum Teil gravierend (Kimmich/Bach, VOB für Bauleiter, E.II.3.). Neben Auftragnehmern forderten auch Baustahllieferanten gegenüber ihren Vertragspartnern oftmals eine Vertragspreisanpassung wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“, wenn es zu solchen Preiserhöhungen kam. Merkblatt Nr. 432

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Architektenkammer Baden-Württemberg

Das OLG Hamburg (Urteil v. 28.12.2005 14 U 124/05 [nachfolgend BGH, Beschl. v. 23.11.2006 VII ZR 55/06; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen]) und das OLG Düsseldorf (Urt. v. 19.12.2008 23 U 48/08) lehnten jeweils bei den streitgegenständlichen Fallkonstellationen eine Preisanpassung u. a. mit der Begründung ab, der Auftragnehmer hätte sich ja vorausschauend ein-decken oder Preisgleitklauseln vereinbaren können. Die eingetretenen Preiserhöhungen fielen in den Risikobereich des Auftragnehmers. Dieser Auffassung wird in der Literatur teilweise dahingehend entgegengetreten, dass eine Entwicklung plötzlich und für alle überraschend eintreten kann; „voraus-schauend“ ist dann nichts zu sehen (Kapellmann, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB/B, § 2 Rn. 506). Nach dieser Auffassung soll auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen sein: Wenn Baustahl lediglich 10 Prozent der Gesamtkosten bei einem Generalunternehmer ausmache, sähe die Situation anders aus als bei einem reinen Stahlbauer, der einen Großauftrag abwickele.

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat informierte in einem Erlass vom 21. Mai 2021 über Lieferengpässe und Stoffpreisänderungen diverser Baustoffe. Im Erlass stellt das Ministerium unter anderem vor, unter welchen Voraussetzungen bei neuen und laufenden öffentlichen Vergabe-verfahren eine Stoffpreisgleitklausel vereinbart werden kann. Der Erlass ist hier im Internet4 abrufbar.

4 https://www.akbw.de/fileadmin/download/Freie_Dokumente/Recht/Zusatzinfos/2021-05-21_BWI7_70437_9-3_ Materialengpaesse_m_Anlagen.pdf

5 https://www.bgvht.de/pressemitteilungen/kostenexplosion-bei-baumaterialien-baufirmen-bleiben-oft-auf-den-mehrkosten-sitzen/

6 https://www.dabonline.de/2020/06/29/rechtsberatung-durch-architekten-was-erlaubt-ist-juristen/

4. Keine Rechtsberatung und Rechtsgestaltung durch Architekt:innen

Für den Bauunternehmer ist es also sehr schwierig, nach Vertragsschluss eingetretene Preissteigerungen an den Bauherrn weiterzugeben. Dies ist auch auf Unternehmensseite hinlänglich bekannt (vgl. Pressemitteilung Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen (BGVHT) v. 30.03.20215). Da die frühzeitige Bevorratung mit Material umgekehrt ebenfalls für viele Unternehmen kaum zu bewerkstelligen ist, versuchen diese derzeit verstärkt, bei neu abzuschließenden Verträgen von vornherein Preisanpassungsklauseln zu implementieren und lehnen anderenfalls bisweilen den Vertragsschluss vollständig ab, sofern nicht alternativ entsprechende Risikoaufschläge auf die Preise akzep-tiert werden.

Preisanpassungsklauseln zu prüfen oder gar zu formulieren, ist aber auch in dieser schwierigen Marktlage nicht Aufgabe von Planerinnen und Planern, sondern Aufgabe anwaltlicher Vertragsgestaltung: So müssen die Voraussetzungen und der Mechanismus der Preisanpassung juristisch präzise und nachprüfbar formuliert sein, wobei überwiegend auf fest definierte Indizes als Bezugspunkt verwiesen und die exakte kalkulatorische Auswirkung auf die jeweilige Preisposition festgelegt wird. Zu-dem wird zumeist auch die Pflicht des Unternehmers aufgenommen, nachzuweisen, dass die Mehr-kosten nicht nur nach jener abstrakten Formel, sondern auch tatsächlich konkret im Unternehmen entstanden sind.

Um hier nicht in das Risiko unzulässiger und unversicherter Rechtsberatung zu geraten, empfiehlt es sich daher dringend, Bauherren bei Fragen zur Gestaltung solch komplexer Klauseln wie auch bei der Prüfung von Preisanpassungsverlangen des Unternehmers in laufenden Vertragsverhältnissen auf anwaltliche Hilfe zu verweisen (vgl. Kerkhoff, DAB-Online „Rechtsberatung durch Architekten“6 dort: „Erstellen und Prüfen von Bauverträgen“).

Zu bedenken ist im Übrigen, dass die Umsetzung einer solchen Klausel später die Rechnungsprüfung wesentlich erschweren und dazu führen kann, dass baubetriebswirtschaftliche Prüfungen bzw. Nachtragsprüfungen erforderlich werden, die nicht zu den Grundleistungen in der Objektplanung zählen, sondern Besondere Leistungen darstellen und unter Umständen die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich machen könnten. Auch vor diesem Hintergrund sind derartige Klauseln aus Bauherrensicht zumeist wenig wünschenswert. Merkblatt Nr. 432

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6. Honorarrechtliche Auswirkungen der Preissteigerungen

a) Keine Anpassung der anrechenbaren Kosten

Die grundsätzlich alleinige Bezugsgröße für anrechenbare Kosten ist das Ergebnis der Kostenberechnung, eine Grundleistung in der Leistungsphase 3 (Preussner, in: Messerschmidt/Niemöller/Preussner, HOAI, § 6 Rn. 19.1). Ziel war es die Vergütung der Architekten von den tatsächlichen Baukosten abzu-koppeln. Deshalb orientiert sich das Architektenhonorar nach der Kostenberechnung zu dieser frühen Leistungsphase. Die Gründe liegen auch darin die Abrechnung zu vereinfachen sowie in der gewissen Kostensicherheit und sollen beim Architekten dazu führen, ein Eigeninteresse daran zu haben, dass die Kosten eingehalten werden (Koeble, in: Koeble/Locher/Frik, HOAI, § 6 Rn. 18).

Entsprechend führen Steigerungen der Materialpreise nach Vorlage der Kostenberechnung grundsätzlich nicht zu einem höheren Honorar beim Architekten.

b) Mehraufwand wegen Preissteigerungen

Ein Mehraufwand bei den Leistungen von Auftragnehmern wegen Preissteigerungen kann sich in unter-schiedlichen Arten von Leistungen zeigen.

aa) Mehraufwand wegen Preissteigerungen - Besondere Leistungen

Die Umsetzung einer Preisanpassungsklausel kann für die Architektinnen und Architekten einen erheblichen Mehraufwand bedeuten. In den Leistungsverzeichnissen ist zu eruieren, welche Positionen aufgrund ihrer Materialien voraussichtlich von den Preissteigerungen betroffen sein könnten. Ggf. ist der Anteil des Materials am Gesamtprodukt festzustellen (z.B. Holzfenster mit einem Anteil von 50% Eichen-holz) sowie der Materialpreis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Bei der späteren Rechnungsprüfung muss dann die Preisentwicklung ermitteln und der neue Preis anhand des aktuellen Marktpreises für das betreffende Material berechnet werden.

Diese zusätzlichen Leistungen dürften nicht zu den Grundleistungen in der Objektplanung Gebäude zählen. Dieses folgt bereits aus der Struktur der Grundleistungen, die nur solche Leistungen umfassen, die im Allgemeinen zur Erfüllung eines Auftrages erforderlich sind (§ 3 Abs. 2 HOAI).

Die zuvor genannten Leistungen zur Umsetzung einer Preisanpassungsklausel können an die Besondere Leistung Mitwirken bei der Prüfung von bauwirtschaftlich begründeten Nachtragsangebotenan-gelehnt werden (HOAI Anlage 10.1, Leistungsphase 7), woraus ein zusätzlicher Honoraranspruch resultiert, der frei vereinbart werden kann.

Denkbar ist auch die Besondere Leistung Analyse der Alternativen/Varianten und deren Wertung mit Kostenuntersuchung (Optimierung)HOAI Anlage 10.1 Leistungsphase 3). Diese kann im Zuge der Suche nach anderen, ggf. kostengünstigeren Materialien notwendig werden.

In Frage kommt bei Preissteigerungen weiter die Besondere Leistung Prüfen und Werten von Neben-angeboten mit Auswirkungen auf die abgestimmte Planung“ (HOAI Anlage 10.1 Leistungsphase 4).

Die Besonderen Leistungen sind gemäß § 3 Abs. 2 HOAI nicht an Leistungsphasen gebunden sind, und können in allen Leistungsphase anfallen.

bb) Mehraufwand wegen Preissteigerungen - Wiederholte Grundleistungen

Wegen Preissteigerungen oder unerwartet hoch ausgefallener Angebote veranlassen Auftraggeber die Wiederholungen bereits erbrachter Leistungen, indem sie beispielsweise Leistungsverzeichnisse wiederholen oder die Planung ändern lassen, um die Kosten zu reduzieren.

Wiederholte Leistungsverzeichnisse innerhalb der Leistungsphase 6 können auch die teilweise Wiederholung der Leistungsphase 5 bedingen und im Regelfall die Wiederholung weiterer Grundleistungen insbesondere aus der Leistungsphase 7.

Hier gilt der Grundsatz: Sobald ein Auftraggeber etwas anderes oder etwas zusätzliches wünscht, begehrt er im Sinne von § 650b BGB (i.V.m. § 650q BGB) eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs.

Der Auftragnehmer beauftragt in solchen Fällen, vereinfacht formuliert, eine Änderung der Planung mit der Folge, dass der in § 650b BGB beschriebene Ablauf zu beachten ist. Merkblatt Nr. 432

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Impressum:

Die Architektenkammer übernimmt keine Haftung und Gewähr für den Inhalt und die Angaben sowie die unter den Links aufge-führten Inhalte und Angaben. Die Ausführungen können keine individuelle Rechtsberatung mit einem Rechtsanwalt ersetzen.

2. Auflage

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Verfasser des Merkblatts:

Dr. Florian Hartmann, Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

Dr. Sven Kerkhoff, Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

Markus Prause, Architektenkammer Niedersachsen

Dr. Eric Zimmermann, Architektenkammer Baden-Württemberg

Dipl.-Ing. Walter Ziser, ö.b.u.v. Sachverständiger für Honorare von Architektenleistungen, Architektenkammer Baden-Württemberg

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